
09. Juni 17
Ort
ZeM – Brandenburgisches Zentrum für Medienwissenschaften
Friedrich-Ebert-Straße 4
14467 Potsdam
Forschungs- und Doktorandenkolloquium
Das medienwissenschaftliche Forschungskolloquium bietet DoktorandInnen und Post-Docs die Möglichkeit, ihre aktuellen Promotions- und Forschungsprojekte zu präsentieren und im kollegialen Rahmen zu diskutieren.
LEITUNG
Direktorium des ZeM
KOORDINATION
Dr. Adelheid Heftberger, ZeM
Transformationsinitialen massenmedialer Episteme
Samuel Schilling
Innerhalb der selbstreferentiellen Reproduktion des massenmedialen Systems ereignen sich – immer wieder aufs Neue – einschneidende Ereignisse, welche gleichsam Pardigmenwechsel einläuten können. Qua ihrer Existenz stellen sie die Form des massenmedialen Diskurses und bis dato gültiges Wissen gänzlich in Frage und regen damit zu Alternativen der diskursiven Ordnung von Wirklichkeit an. Die Dissertation hat zum Ziel, mit einem triadischen Modell aus Subversion, Konfrontation und Reflexion unterschiedliche Muster zu beschreiben, gemäß derer sich massenmediales Wissen transformieren kann. In Momenten der Reflexion, Konfrontation und Subversion werden Kontingenzen des Gültigen aufgezeigt, wenn es durch gänzlich unterschiedliche Formen der Produktion gesellschaftlicher Realität kontrastiert wird. Der Vortrag widmet sich besonders dem Moment der Reflexion; er beschreibt individuelle Reflexion aufgrund medialer Erfahrung und kollektive Reflexion durch die Gesellschaft, welche sich als Selbstbeschreibung in und durch Massenmedien vollzieht. Am Beispiel des Internets sollen neue mediale Erfahrungsräume individueller Reflexion und neue Formen gesellschaftlicher Selbstbeschreibung, abseits der traditionellen Massenmedien, beschrieben werden.
Werkstatt und Bahnhof. Zwei Umwelten Heideggers und ihre medienphilosophischen Implikationen
Julian Jochmaring
In meiner Arbeit unternehme ich die systematische medienphilosophische Ausarbeitung des Konzepts einer „negativen Ambientalität“. Damit wird die Verbindung zweier eng miteinander ver-knüpfter Diskussionen gegenwärtiger medientheoretischer bzw. -philosophischer Forschung gesucht: Zum einen die Abkehr einer Analyse von Einzelmedien zugunsten einer Hinwendung zu Medienumwelten, Medienökologien, Netzwerken, Relationen und Koexistenzialitäten, zum anderen die Rückkehr anthropologischer Fragestellungen und einer Kritik des Anthropozentrismus. Werden Bezugnahmen auf ökologische Konzepte in der aktuellen Medientheorie dem Anspruch eines posthumanen Denkens oftmals nicht hinreichend gerecht, da sie zu einer Verkürzung von Umweltlichkeit auf systemisch-technische Prinzipien neigen, wird alternativ dazu sowohl die Aufmerksamkeit für die historische Genese des Umweltkonzepts geschärft, als auch die mediale Struktur von Umwelten als Frage nach der Modalität des Verhältnisses von Subjekt und Umgebendem, der Frage nach der Materialität des Umgebenden, sowie den damit implizierten Konsequenzen für das Verhältnis humaner und nonhumaner Lebewesen erschlossen.
Am Beispiel zweier spezifischer, im Werk Martin Heideggers eine prominente Rolle einnehmender Umwelten, der Werkstatt der Zeuganalyse aus Sein und Zeit sowie dem Bahnhof in der Vorlesung Grundbegriffe der Metaphysik und der mit ihnen verbundenen Phänomene der Störung bzw. Langeweile möchte ich in meinem Vortrag zeigen, wie eine medienphilosophisch zugespitzte Lesart dieser Umwelten dessen eigenen, strikten Unterscheidungen von Welt und Umwelt bzw. humanen und nonhumanen Lebewesen irritiert.
Personen
Samuel Schilling absolvierte sein Bachelor und Masterstudium im Studiengang Kultur&Technik an der BTU Cottbus-Senftenberg. Seine vom Fakultätsrat ausgezeichnete Master-Thesis mit dem Titel Perspektiven der Medienkritik thematisierte gemeinsame Schnittmengen einer luhmannschen Systemtheorie der Massenmedien mit unterschiedlichen Kritiken der Massenmedien nach Foucault sowie durch Adorno und Horkheimer, Bourdieu und Baudrillard. Seit 2017 ist er Doktorand an der BTU und Stipendiat des ZeM; im aktuellen Semester ist er Lehrbeauftragter an der BTU mit einem medientheoretischen Lektüreseminar zum Thema „Das Internet“. Samuel Schilling engagiert sich in mehreren sozio-kulturellen Projekten, u.a. das Suppe&Mucke-Straßenfest und FriXfonds, ein Fonds zur Förderung interventionistischer Kunst im urbanen Raum.
Julian Jochmaring ist Stipendiat des Zentrums für Medienwissenschaften (ZeM) Brandenburg und war zuvor Mitglied des Graduiertenkollegs „Sichtbarkeit und Sichtbarmachung. Hybride Formen des Bildwissens“ an der Universität Potsdam. Er studierte Medien- und Kulturwissenschaften an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf sowie Europäische Medienwissenschaft an der Universität und FH Potsdam. Zudem war er als freier Autor für die Tageszeitung „taz“ und das Monatsmagazin „De:bug“ tätig. Aktuelle Publikationen: „Das Unbehagen in der (Medien-)Ökologie. Relationalität, Posthumanismus und die Negativität des Umweltlichen“, in: Internationales Jahrbuch für Medienphilosophie, Bd. 2, Nr. 1, Berlin 2016; „Im gläsernen Gehäuse. Zur Medialität der Umwelt bei Uexküll und Merleau-Ponty“, in: Christina Bartz, Timo Kaerlein, Monique Miggelbrink, Christoph Neubert (Hg.), Gehäuse. Mediale Einkapselungen, Paderborn 2017 [im Erscheinen].