
13. November 23 -
Di.
14. November 23
Ort
Bildungscampus Funkerberg
Funkerberg 26
15711 Königs Wusterhausen
RuG-Jahrestagung „Basteln, Senden, Mitschneiden, Streamen – 100 Jahre Rundfunk im Do-it-yourself-Betrieb“
Mit der Gründung des deutschen Unterhaltungsrundfunks unter dem kurios treffenden Label einer „Gesellschaft für drahtlose Belehrung und Unterhaltung mit beschränkter Haftung“ im Jahr 1923 begann eine Ära neuer elektronischer Öffentlichkeit. Zugleich ging eine Ära der Offenheit des Äthers für DIY-Experimente förmlich zu Ende. Experimente zur Frage, wie sich das Radio ästhetisch- und gesellschaftlich-strukturellen Experimenten und insbesondere partizipativen Bestrebungen öffnen könnte, hatten ab diesem Moment in den verschiedenen Verfassungen des Radios einen schweren Stand. Immer wieder gingen aber auch innerhalb der Anstalten Gelegenheitsfenster auf, und abseits der radiophonen Machtzentren wurden Akteur*innen nicht müde, technische und gesellschaftliche Möglichkeiten auszuschöpfen oder zu schaffen, um neue Wege zur Erschließung des elektromagnetischen Spektrums und später des Internets zur Errichtung zu erproben und radiophone Alternativen zu etablieren. Im 100. Jahr seines Bestehens ist das Radio dabei, sich immer mehr an derartigen Alternativen zu orientieren.
Podcaster werden für das On Air-Programm eingekauft, um neue Hörerschaften und aktuelle Formen der Themenaufmachung und Ansprechhaltung in die Anstalten zu bringen. Früher einmal große Player im Medienmarkt, müssen sich öffentlich-rechtliche Rundfunkhäuser Bedingungen der Plattformökonomie beugen. Zwischen diesen beiden Polen agierte zu jeder Zeit ein Spektrum von Alternativen: Freie Radios, radiokünstlerische Projekte, Piratensender, Online-Radios, Radio-Workshops, hybride Streaming-Projekte. Die Tagung widmet sich der Frage, welche Verbindungen zwischen heutigen und früheren, zwischen europäischen und transkontinentalen, zwischen politischen und idealistischen Ansätzen zu erkennen sind.
Wir fragen in unserer Tagung nach der historischen und aktuellen Rolle von Bastler*innen, Radiopirat*innen und -aktivist*innen, Sammler*innen mit privaten Archiven sowie Pionier*innen neuer Netzformate im Verhältnis zum klassischen Rundfunk.
PROGRAMM
Sonntag 12. November 2023
Ab 15 Uhr Anreisemöglichkeit im Hotel Sophienhof, Kirchplatz 3-4, 15711 Königs Wusterhausen
18 Uhr Informelles Get-Together über den Dächern Berlins in der rbb-Dachlounge Studio 14, Masurenallee 20, 14065 Berlin
Montag, 13. November 2023 | Saal Funkerberg
09.00-10.30 Vorstandssitzung RuG
10.30 Öffnung Tagungscounter im Foyer des Bildungscampus Funkerberg, Check-in im Foyer des Bildungscampus, Funkerberg 26, 15711 Königs Wusterhausen
11.00 Begrüßung der Tagungsgäste durch Kai Knörr und Golo Föllmer (Studienkreis Rundfunk und Geschichte)
11.15-12:45 Panel 1 Radiomachen und Dokumentieren im Do-it-yourself-Betrieb
Moderation: Susanne Hennings
Jan Bönkost (Archiv der Sozialen Bewegungen, Bremen): Instandbesetzer:innen der Rundfunkfreiheit – O-Töne aus der Freien Radio Bewegung
Niki Matita (Freie Radiokünstlerin, Berlin): “Fernempfangsstelle” – Ein Radiokunstprojekt über den Radiotechniker Rolf Formis
Christian Collet (Rundfunk Berlin-Brandenburg): Wolfgang – Ein Leben auf 20.000 Kassetten. Was Sender mit Privatarchiven machen (können)
12.45-13.45 Mittagsimbiss im Saal Funkerberg
13.45-14:30 Keynote Dr. Carolyn Birdsall (Associate Professor, Media Studies, Universität Amsterdam): A Century of Radiophilia: Amateurs, Recording Practices and the Archive (Vortrag in engl. Sprache, Diskussion auf dt.)
Moderation: Dr. Christoph Rosenthal
14.30-15.00 Kaffeepause
15.00-16.30 Panel 2 Zeitgeist im Wohnzimmer – Private Mitschnitt-Sammlungen
Moderation: Kai Knörr
Mag. Johannes Kapeller (Österreichische Mediathek, Wien): 99 Jahre Radio sammeln – Private Sammlungen von Radiojournalist*innen an der Österreichischen Mediathek
Friedrich Dethlefs (Deutsches Rundfunkarchiv, Frankfurt a.M./Potsdam): Rundfunkmitschnitte zum Zeitgeschehen 1940-1945. Der Nachlass Peter Huverstuhl
Andreas Knedlik (Digiandi.de): „Save the Tapes“. Die Verdatung privater Mitschnittsammlungen und ihre Relevanz für die Rundfunkgeschichte
16.30-17.00 Kaffeepause
17:00-18:00 Rainer Suckow (Förderverein „Sender Königs Wusterhausen“ e.V.): Führung zu historischen Orten auf dem Funkerberg und in das neu entstehende Sendermuseum
18:15-19:15 Kamingespräch: Kai Knörr und Christoph Classen im Gespräch mit Jörg Wagner (radioeins Medienmagazin) und Rainer Suckow (Förderverein „Sender Königs Wusterhausen“ e.V.)
ab 20:00 Gemeinsames Abendessen im Restaurant Trattoria Sophie, fußläufig vom Funkerberg (direkt am Hotel, Selbstzahler)
Dienstag, 14. November 2023 | Saal Funkerberg
10.00-11:30 Panel 3: Radio-Aktivist*innen im Archiv
Moderation: Golo Föllmer
Mag. Paulina Petri (Dokufunk – Dokumentationsarchiv zur Erforschung der Geschichte des Funkwesens und der elektronischen Medien, Wien): Das Erinnerungslabor Dokufunk
Rebecca Hernandez Garcia (Robert Havemann Gesellschaft, Berlin), Frank Holzkamp (Radio 100, Berlin): “Radio 100”- Archiv. Über Grenzen hinweg. Geschichte eines Radioprojekts
Ferdinand Klüsener (Ruhr-Universität Bochum): Die Archive des Schizoradios und der DIY-Ansatz, Eine Exploration von Tetsuo Kogawas Polymorphous Space
11:30-12:00 Kaffeepause
12:00-12:30 Bringt eure Bänder! & Roundtable (Tagungsfazit): Potenziale privater Überlieferung zwischen Kassette und Youtube
Moderation: Uwe Breitenborn
13:30-14.30 Mittagsimbiss im Saal Funkerberg
14:30-16:00 Mitgliederversammlung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte
Berichte, Aussprache und Wahl des neuen Vorstandes
16:00 Verabschiedung und Tagungsende
Tagungsort: Saal Funkerberg, Funkerberg 26, 15711 Königs Wusterhausen
Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln: S- und Regionalbahnhof Königs Wusterhausen
Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Spenden zur Tagungsverpflegung werden vor Ort erbeten.
ANMELDUNGEN zur JAHRESTAGUNG möglichst bitte bis 1. Nobember direkt über die Registrierungsseite. Eine Anmeldung 13.11. ist auch vor Ort am Tagungscounter möglich.
Beispielhafte Themenfelder sind:
- Aneignung/Selbstermächtigung der Bastlerinnen und Piratinnen
- Beispiele wie Radio Dreyeckland, Radio 100 und internationale Initiativen in historischen Darstellungen
- Wissenskulturen: Diffusion technischen/handwerklichen Wissens aus und in die Institutionen
- Privatbasteln als Avantgarde des Mainstream-Rundfunks: Hochschulradio/-TV und Freies Radio als Karriere-Sprungbrett
- Medienwechsel vom niedrigschwelligen Podcast zum institutionalisierten Anstaltsakteur bzw. hoch finanzierten Fernseh-/Netflixproduktionen
- Kann die Erforschung privater Sammlungen von Rundfunk- und Fernsehmitschnitten neue Erkenntnisse zur Medien- und Kulturgeschichte des Rundfunks und seiner Rezeption bzw. ‚Aneignung‘ liefern bzw. gibt es dazu bereits Forschungen?
- Gibt es relevante Programminhalte, die ausschließlich in privaten Mitschnitten überliefert sind, weil sie z.B. von den Sendern selbst nicht archiviert wurden? – Wie sieht die Sammler-Szene heute aus? Wer hat in den vergangenen Jahrzehnten systematisch Radio und Fernsehen aufgezeichnet und wie sind die Akteur*innen vernetzt? Welche biografischen Momente sind mit dem Sammeln und Austauschen privater Mitschnitte verbunden?
- Welche Bedeutung könnten die Erfahrungen aus Bereichen privaten Bastelns, Sendens, Mitschneidens, Streamens für künftige Strukturen öffentlich-rechtlicher Sender haben?
Planen Sie Ihre Vorträge mit einer Länge von 20 Minuten plus 10 Minuten Diskussion. Denken Sie daran, die Vorträge anschließend bei uns zur Vorbereitung einer Publikation bzw. eines Sonderhefts der Zeitschrift „Rundfunk und Geschichte“ einzureichen!
Hier gelangen Sie zur Website des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Einreichungen sind auch über die dort angegebene Frist hinaus möglich.